Blauer Himmel, blaues Wasser, dazwischen Pflanzen, die im Brackwasser wachsen können, im Hintergrund etwa 10 km weit weg Getreidespeicher und Meldorfer Dom

Speicherkoog

Von Rickelsbüll bis Hetlingen gibt es Köge, eingedeichtes Land. Der Meldorfer Koog heißt Speicherkoog. Es ist (obs! Superlativ!) der jüngste Koog Deutschlands. Geboren 1979. Er könnte auch Militärkoog oder Vogelkoog heißen aber keinesfalls Tourikoog. Er wurde geschaffen, um Geld zu sparen. Bei den Sturmfluten 1962 und 1976 reichten die Deiche nicht aus, um Christianskoog zu schützen. Die neue Deichlinie ist halb so lang wie die alte. Das wird billiger, für den Küstenschutz zahlen nämlich alle an den Deich- und Hauptsielverband Dithmarschens. Sonst wär hier Meer.

Trotzdem reichte das Geld für den neuen schicken Koog nicht aus, deshalb gehört dem Militär die Hälfte. Das hatte mehr Geld als die Zivilgesellschaft. Nun gab es schon vor 1979 Probleme, die weiten Marschen im Hinterland zu entwässern. Viele tausend Hektar liegen unterhalb des Meeresspiegels, bei Flut fließt nicht genug Wasser ins Meer ab. Dieses Wasser soll der Speicherkoog so lange speichern, bis die Ebbe niedrig genug ist. Wenn das nicht reicht, gibt es Pumpwerke, die das immer kostbarere Wasser ins Meer schaffen. Dafür stehen nun weniger als zehn Prozent der eingedeichten Fläche zur Verfügung. Ein anderer Name fiel uns aber nicht ein und so nannten wir den Speicherkoog ‚Speicherkoog‘. Wir sind Speicherkoog.

Gegen das Militär haben die Naturschützer:innen nichts einzuwenden. So ein bisschen Geballer stört die Vögel nicht. Denn um Lebensraum für Vögel, insbesondere Bodenbrüter geht es dem Naturschutz. Denen nimmt eine solche Eindeichung nämlich Lebensraum. Und die Naturschützer streiten sich jetzt mit dem Tourismus um die Deutungshoheit. Touris sind böse. Die sind sogar viel viel mehr böse als das Gewerbegebiet, am alten Meldorfer Hafen. Denn dort gibt es keinen Tourismus, sondern Bauunternehmer. Die sind sauber.

Bei den Tourist:innen machen wir allerdings eine Ausnahme: Vogelbeobachtung. Klingt harmlos, aber. Es gibt viele Webportale dazu. Wenn ein besonders seltener Vogel gesichtet wird, spricht sich das schnell rum. Ab ins Auto, und dann sind viele hundert Kilometer ein Klax. Sofort Spektiv geschnappt und los. Dann tropfen die knatternden Motorbratzen direkt in den ungeschützten Speicherkoogboden. Ist das Foto geschossen, gehts viele hundert Kilometer zurück. Der Watcher-Kick schlechthin. Weil Touris böse sind, Vogelkucker aber liebe Menschen, gibt es kaum Fußwege im Speicherkoog, aber Straßen für Autos.


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