Folie auf Schufenster "Durchgehend geöffnet!"

Tradition

Bei dem Stichwort #Tradition fällt mir eine Anekdote ein. Als das Bistro V in Meldorf eröffnen wollte, sagten einige aus der „Wirtschaft“: Wieso das denn? Wir haben doch schon ein Restaurant! Also es gab mehrere, darunter aber griechisch, italienisch und türkisch. Das zählte nicht, gemeint war nur das eine, das hier jeder kennt. Die andern waren ja Zugereiste, keiner von hier. „Von hier sein“, da kann mensch nur einheiraten. Das ist nur ein drolliges Beispiel, schildert aber eine traditionelle Denke, die vielleicht langsam ausstirbt, das Von-Hier-Sein.

Die Strategie kennen wir überall: Bloß keine Konkurrenz! Dann kosten manche Sachen nicht nur Steuern, sondern auch Zoll. Aber der Traum vom Monopol wird halt auch im kleinsten Ministädtchen geträumt. Jedes Geschäft will „seine“ angestammte Kundschaft wie einen Erbhof behalten. Da stört jede Konkurrenz. In der Gastronomie ist das allerdings anders. Der nächste Grieche, der auch Geschmortes serviert, ist in Wilster. Drei Bahnstationen weit weg. Aber darum geht es nicht, sondern um diejenigen Traditionsfamilien von hier.

Eine andere Tradition im Handel war vorübergehend geschliffen: die Mittagspause. Wer auf sich hielt, hatte ‚Durchgehend geöffnet!‘ in grüner Würstchen-Schrift auf die Scheiben geklebt. Mit diesem Bruch der Tradition wird wieder gebrochen. Der poppige Schriftzug ist wieder aus den Fenstern verschwunden. Er konnte den Trend zum Großen in den großen Städten nicht aufhalten. Die Öffnungszeiten der Geschäfte in der kleinen Stadt werden kürzer. Montags wird jetzt mehr und mehr zum lokalen Ruhetag. Da ist eher gefragt, Angebote vor Ort aufrecht zu halten. Darum kümmert sich Arne. Der pflegt Nähe als Lebensqualität für uns alle.

Vieles stirbt den digitalen Tod. In der alten Sparkasse aus den 50ern ist jetzt das Amt Mitteildithmarschen. Mitsamt einem Carillon, das um 12 vor sich hinklimpert. Die Volksbankfiliale „von hier“ wird sicherlich auch von der VR Westküste eingemeindet werden. Noch steht sie trutzig am Raiffeisenplatz. Die Fahrt nach Heide dauert zehn Minuten, aus Sicht von echten Bänkern ist das ein Klacks. Aber die verstehen ja nix von Tradition.


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